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Wie man lernen kann, glücklicher zu werden

Ha Vinh Tho leitet das "Zentrum für Bruttonationalglück" im Königreich Bhutan. In Hamburg spricht der promovierte Erziehungswissenschaftler über die wirklich wichtigen Dinge des Lebens.

Kann man im Krieg das Glück finden? Als Ausbildungsleiter beim Internationalen Roten Kreuz war Ha Vinh Tho über einen Zeitraum von sieben Jahren in vielen Krisengebieten der Welt. Trotz des Elends traf er in Afghanistan, Kenia, Sudan oder Jordanien auch auf Menschen, die glücklich waren. "Das waren die, die eine sinnvolle Aufgabe ausübten", sagt er.

Womit gleich zwei seiner Thesen belegt wären. Menschen mit einer hohen emotionalen und sozialen Intelligenz, mit Mitgefühl und Verantwortungsbewusstsein, sind glücklicher als egoistische und selbstzentrierte. Und: Wer etwas tut, das in seinen Augen Sinn macht, empfindet sein Leben als positiv – auch unter widrigen Umständen.

Ha Vinh Tho ist promovierter Erziehungswissenschaftler und hat unter anderem Kunst, Psychologie und Soziologie studiert. Er habe sich immer gefragt, ob er einen Beruf auch ausüben würde, wenn er dafür kein Geld bekäme. "Wenn ich das verneinen musste, habe ich mir eine andere Tätigkeit gesucht", sagt Ha Vinh Tho. Er sitzt auf einem luxuriösen Sessel in der Lobby des Hotels Empire Riverside – graue Haare, mildes Lächeln, warmherziger Blick – und hat sich Zeit für ein Gespräch mit dem Abendblatt genommen. Danach folgen Interviews mit dem Fernsehen und überregionalen Zeitungen, am Donnerstagabend hält er einen Vortrag.

Dass er so gefragt ist, hat mit seinem derzeitigen Job zu tun. Denn 2012 hängte er seinen gut dotierten Posten beim Internationalen Roten Kreuz an den Nagel – obwohl es dort um so wichtige Themen wie humanitäre Hilfe ging und darum, zu prüfen, ob in den Kriegsgebieten die Genfer Konventionen eingehalten wurden. "Doch wir waren immer zu spät – ähnlich wie die Feuerwehr, die erst kommt, wenn es brennt", sagt der 63-Jährige.

Um gewalttätige Konflikte zu vermeiden, müsse man die Ursachen behandeln. Und das will er künftig tun. Als Leiter des Zentrums für Bruttonationalglück (GNH Centre) in Bhutan in Südasien entwickelt er Ausbildungs- und Lernprozesse mit dem Ziel, einen globalen Bewusstseinswandel zu bewirken und die Weichen zu stellen für eine soziale Erneuerung. Dass es in dem kleinen Königreich im Himalaja ein solches Zentrum gibt, scheint nur auf den ersten Blick verwunderlich.

Dort erkannte Jibme Singye Wangchuck, vierter König von Bhutan, schon als junger Regent in den 1970er-Jahren: Glück und Wohlergehen seiner Untertanen sind wichtiger als Wirtschaft und Wachstum. Mittlerweile misst man das Befinden der rund 1,2 Millionen Bhutaner am Bruttonationalglück (Gross National Happiness – GNH). Denn während das Bruttoinlandprodukt (BIP) alles misst, was einen finanziellen Wert besitzt – egal, ob dieser durch Krankheit, Stress, Kriege oder Katastrophen zustande kam, fließt in das GNH auch ein, was das Leben lebenswert macht.

Die vier Säulen des Bruttonationalglücks sind: eine gesunde Umwelt, eine gute Regierung (der vierte König ist 2008 zugunsten einer demokratischen Regierung abgetreten, sein Sohn nimmt nur noch repräsentative Aufgaben wahr), eine gerechte und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung sowie eine lebendige Kultur. Gemessen wird das Bruttonationalglück an Indikatoren wie Erziehung, Gesundheit, Wohlstand, Umwelt und psychischem Wohlbefinden. Ha Vinh Tho beschreibt das in dem Buch "Grundrecht auf Glück", das 2014 auch in Deutschland erschienen ist.

Bislang hat er nur auf Englisch und Französisch publiziert. Diese Sprachen spricht Ha Vinh Tho fließend, ebenso wie Deutsch und Vietnamesisch. Mit seinem Vater, einem Diplomaten aus Vietnam, und seiner Mutter, einer Französin, reiste er in Kindheit und Jugend viel umher. "Meine Schulzeit habe ich an acht Schulen verbracht", sagt er. Die lagen unter anderem in New York, London, Paris – und Wien. Hier lernte er als Jugendlicher Lisi kennen, eine Österreicherin, die er später heiratete. Wenn Ha Vinh Tho nicht in Bhutan ist, lebt er mit ihr in der Schweiz.

Beide Länder seien sich landschaftlich sehr ähnlich. "Nur ist in Bhutan alles doppelt so hoch. Die Schweiz hat viele 3000 Meter hohe Berge, in Bhutan sind sie 6000 Meter hoch." Ebenso wie in der Schweiz sei auch das Leben in Bhutan sehr teuer – nicht für die Bewohner, aber für Ausländer. "Wir wollen den Massentourismus fernhalten", sagt Ha Vinh Tho. "Unser Land ist zu klein dafür." Während er das sagt, läuft eine Gruppe Touristen durch die Hotel-Lobby, durch deren Fenster man auf die Docks auf der anderen Elbseite blickt. Unweigerlich denkt man an die gerade im Sommer überfüllte Hamburger Innenstadt und das Streben der Tourismusbranche nach immer mehr Besuchern, für die immer mehr Luxusläden, Hotels und Kreuzfahrtterminals eröffnen. Und schon sind wir bei dem zentralen und größten Anliegen von Ha Vinh Tho. "Die Wirtschaft darf nicht länger über die Menschen bestimmen, sondern höchstens ein Teil der Gesellschaft sein."

Wenn sich ein gesellschaftlicher Wandel ereignen solle, müsse sich die Erziehung ändern, findet er. In Bhutan und Vietnam laufen bereits Schulversuche, die von der Universität Genf evaluiert werden und neben der akademischen Intelligenz auch die soziale Intelligenz schulen sollen. Herkömmliche Schulen funktionierten wie Fabriken, findet Ha Vinh Tho. Konkurrenz sei der Antrieb, heraus käme ein Standardprodukt. Besser wäre, wenn Kinder lernten, zu kooperieren – statt bestraft zu werden, wenn sie beispielsweise ihren Tischnachbarn abschreiben lassen.

"Kinder müssen ein anderes Bewusstsein entwickeln, um sich später eine neue Lebens- und Wirtschaftsform ausdenken zu können. Denn die Erde, die wir ihnen hinterlassen, ist ausgeplündert", sagt Ha Vinh Tho. Der zweifache Vater hat seine eigenen Kinder seinerzeit auf eine Waldorf-Schule geschickt. "Dort werden viele gute Elemente vermittelt", sagt er. Vielleicht hat er deswegen als Ort für seinen Vortrag die Schule Fährstraße gewählt – die Regelgrundschule hat in einen Schulversuch Waldorf-Pädagogik integriert.

Buch: "Grundrecht auf Glück", 203 Seiten, 20 Euro, Verlag nymphenburger, ISBN 978-3-485-02817-2

Video:

Quelle: abendblatt.de

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