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Irgendjemand kann immer übersetzen- Der Alltag einer Vorbereitungsklasse für Flüchtlingskinder

Schwerpunkt ist der Spracherwerb: IVKLehrerin Esther Matschinsky in ihrer Klasse in der Schule an der Burgweide.

hk. In den vergangenen zehn Monaten sind auf den Elbinseln an die tausend Flüchtlinge zugezogen. Unter den Flüchtlingen sind viele Familien mit Kindern im schulpflichtigen Alter. Die Behörden, nach eigenen Angaben „von der Flüchtlingswelle überrollt“ brauchten für die Organisation der schulischen Integration einige Monate. Inzwischen wurden auf den Elbinseln in den letzten Monaten insgesamt zwölf Internationale Vorbereitungsklassen (IVK) an fünf Schulen eingerichtet: vier an der Nelson-Mandela-Schule, je drei auf der Veddel und an der Schule Stübenhofer Weg und je eine am Rotenhäuser Damm und an der Schule an der Burgweide. Kinder im Vorschul- oder Erstklassenalter werden nach den Rahmenvorgaben der Schulbehörde (BSB) gleich in die entsprechende Regelklasse eingeschult. Der WIR sprach mit der stellvertretenden Schulleiterin Maria Jedding-Gesterling und der IVK-Lehrerin Esther Matschinsky von der Schule an der Burgweide über ihre ersten Erfahrungen. Die Vorbereitungsklasse als IVK3-4 wurde im Februar an der Schule eingerichtet für Kinder zwischen acht und zehn Jahren. Die Aufnahme der Kinder erfolgt laufend. „Und in einigen Fällen verschwinden die Kinder von heute auf morgen auch wieder“, sagt Esther Matschinsky. „Und wir wissen nicht, ob die Familie in eine andere Unterkunft umgezogen ist oder abgeschoben wurde.“ Die Zahl der Anmeldungen in dieser IVK nahm zunächst nur langsam zu. Zur Zeit sind es neun SchülerInnen, die Zielvorgabe ist sechzehn. Zuständig bei der BSB ist das Schulinformationszentrum (SIZ). Das Problem ist: Es besteht auf dem Papier zwar Schulpflicht, in der Praxis müssen aber die Flüchtlingsfamilien ihre Kinder beim SIZ als anspruchsberechtigt melden. Und sie bewältigen die umständlichen Antragsformalitäten oft nicht. Die Schule hat jetzt nach Rücksprache mit dem SIZ den Dienstweg verkürzt. „Wir haben guten Kontakt zu den Sozialarbeitern in der Erstaufnahme im Karl-Arnold-Ring und in der Unterkunft Georg-Wilhelm-Straße“, sagt Maria Jedding-Gesterling. „Die Eltern aus den Unterkünften melden mit Unterstützung der Sozialarbeiter die Kinder jetzt formlos an der Schule an und wir holen nachträglich beim SIZ die entsprechende Zuweisung.“ Begünstigt durch die Schulstruktur – verbindliche Ganztagsschule mit jahrgangsübergreifenden Lerngruppen – haben sich die neuen SchülerInnen schon gut eingelebt. „Sie haben gemeinsam mit einer Lerngruppe Sportunterricht und sind auch voll in das Ganztags-Kursprogramm eingebunden“, sagt ihre Lehrerin. „Und inzwischen hat die Klasse wie die anderen Lerngruppen einen Namen. Die Kinder sind die ,Berglöwen‘“. Schwerpunkt des Unterrichts ist der Spracherwerb. Die Kinder seien sehr eifrig und lernten gern. Sie sollten nach Eingruppierung des SIZ zwar lesen und schreiben können, aber das träfe nicht auf alle zu: So müsse sie zum Teil auf dem Niveau der ersten Klasse unterrichten, sagt Esther Matschinsky. Eine Herausforderung seien natürlich auch die verschiedenen Muttersprachen. Die Kinder ihrer IVK kommen aus Bosnien, dem Kosovo, Bulgarien, Rumänien und dem Iran. Einige könnten sich untereinander verständigen. Außerdem arbeitet aus dem Stundenpool der Schule eine türkischsprachige Erzieherin einige Stunden mit in der Klasse. Aber manchmal, so Esther Matschinsky, brauche man im Unterricht und bei den Elterngesprächen auch Übersetzungshilfe. Behördliche Dolmetscher bekomme man nur über ein zeitraubendes Antragsverfahren. „Aber wir profitieren hier von der Wilhelmsburger Sprachenvielfalt. Ob Schüler, Erzieher, Schulsekretärin, Mutter oder Putzkraft, irgendjemand findet sich immer zum Übersetzen.“ Was sie als Schule als Extra in diese Klasse einbrächten, meint Maria Jedding-Gesterling, sei aber eigentlich kein „Luxus“ sondern Voraussetzung, dass die Arbeit in einer IVK erfolgreich sein kann. „Was uns noch fehlt, ist ein regelmäßiger Austausch der IVK-Lehrerinnen über die besonderen Anforderungen in ihrem Arbeitsalltag und z.B. über Geschwisterkinder an den verschiedenen IVK-Standorten. Aber das ist nach den Rahmenvorgaben nicht vorgesehen.“

Rahmenvorgaben hk. Nach der Hamburger Gesetzgebung unterliegen Kinder von Flüchtlingen der Schulpflicht unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, also auch schon während des laufenden Asylverfahrens. In der Praxis müssen sie aber oft monatelang auf einen Platz in einer Vorbereitungsklasse warten (siehe nebenstehender Bericht). Auch die in den „Rahmenvorgaben zur schulischen Integration zugewanderter Kinder und Jugendlicher“ geregelte Ausstattung der Vorbereitungsklassen ist für einen gelingenden Unterricht nur dürftig. Doppelbesetzungen wie z.B. in Inklusionsklassen, zusätzliche Betreuung für traumatisierte Kinder oder Dolmetscher sind nicht vorgesehen. Ein besonderes Problem ist die Vorgabe, dass die SchülerInnen ungeachtet ihrer tatsächlichen Lernfortschritte im Lesen und Schreiben nach einem Jahr in Regelklassen überwechseln müssen. Über Ausnahmen gibt der Rahmenplan nur nebulöse Hinweise.

Der Verein „Die Insel Hilft“ unterstützt jetzt auch bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs der Flüchtlingskinder auf Schulunterricht mit Engagement und Initiative vor Ort. In den schulpolitischen Koalitionsvereinbarungen des neuen rot-grünen Senats ist zu diesen aktuellen Problemen nichts zu lesen. Der Knüller war hier das schärfere Vorgehen gegen Schulschwänzer.

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